Technik: Gebaut in Wanderer – Werke in Siegmar Schönau 2 / Chemnitz, Baujahr 1936, Zulassung: 17.09.1936, Hubraum 98 ccm, Leistung 2,25 PS, Fahrgestell – Nr.: „ 28359“. Motor: Fichtel & Sachs AG-Schweinfurt, Motorsteuerung: Zweitakter, Leergewicht (Eigengewicht): 65 Kg, Zulässige Belastung: 150 Kg, Kraftübertragung: Kette, Kraftfahrzeugbrief – Nr.: 516138, Farbe: Dunkelgrün / Hellgrün, Verkauft von der Fa. Heinrich Wulf / Schapen, Erstes Motorgetriebene Fzg. in Schapen

Besitzer: Jupp Ricker, Spelle

Die Wanderer — ein Erbstück aus erster Hand: Wenn ich meine Lehre bei der Fa. Heinrich Schwennen in Schapen als „Autoschlosser“ absolvieren würde, hat mir mein „Opa – aus Schapen“, das war Georg Veerkamp, seine „Wanderer“ versprochen. Er war auch der Erstbesitzer der Wanderer, was er im September 1936 bei der Fa. Wulf in Schapen (später die Fa. Schwennen) erworben hatte. Da es das erste motorgetriebene Fahrzeug in Schapen war, wurde er von Heinrich Wulf gebeten das Motorrad doch über Kirmes im Schaufenster stehen zu lassen, was er dann auch wohlwollend tat, war zu der Zeit ja eine Besonderheit. Dann wurde das Motorrad am 17.09.1936 in Lingen zugelassen und bekam das erste Kennzeichen (vorne auf dem Schutzblech angebracht) von insgesamt fünf Kennzeichen (Besatzungszonen etc.). Die Wanderer wurde dann auch des Öfteren für Brandeinsätze eingesetzt, da Georg Veerkamp neben seine Tätigkeit als Bauer auch die Feuerwehr in Schapen leitete. Oft musste das Motorrad auch als „Zweisitzer“ herhalten, wenn die Kinder mal zum Zahnarzt nach Hopsten mussten, so jedenfalls erzählt meine Mutter, Tochter vom stolzen Besitzer. Die Kriegsjahre hat das Krad unbeschadet überstanden, musste aber laut Erzählungen öfter unter Heu und Stroh versteckt werden, damit es nicht in „falsche Hände“ gerät. Mit den Jahren wurde sie dann auch von den Söhnen benutzt, die ja zu Ihren Bräuten mussten, manchmal auch außerhalb von Schapen, es soll bis nach Salzbergen/Bexten und Umgebung gegangen sein, aber immer mit Ersatzzündkerzen in der Tasche bewaffnet, da öfter ein „Spion“ sich in der Zündkerze setzte und das Krad lahmlegte. Es lag wohl am Benzingemisch, was aus Benzin und Zwei Takt öl im Verhältnis 1:25 gemischt wurde. Auch diese bewegten Jahre hat die Wanderer gut überstanden bis Sie dann im Jahre 1965 abgemeldet wurde und auf ein neues Leben wartete.  

Das zweite Leben der Wanderer begann: Ich trat dann meine Lehre im April 1970 bei der Fa. Schwennen an und 1971 habe ich dann das gute Stück aus Schapen abgeholt, was seit 1965 abgemeldet im Werkzeugschuppen stand, allerdings war das Motorrad Jahrelang nicht mehr bewegt worden. Dementsprechend stand also noch viel Arbeit an, hab sie dann zerlegt um dann wiederum die Teile auf dem Dachboden zu verfrachten um später weiterzumachen. 1996 bin ich dann endlich dazu gekommen mit der Komplettrestauration zu beginnen, was sich allerdings aus Beruflichen Gründen bis zum Jahre 2000 hinzog. Zum Glück waren fast alle Teile noch vorhanden, es fehlten lediglich das Schutzblech für den motorseitigem Antrieb und die Rückleuchte die war nicht mehr zu retten, aber es gibt noch Ersatz zu kaufen. Das Schutzblech habe ich später selbst nachgefertigt. Den Sitz habe ich bei einem bekannten Sattler beziehen lassen, das Untergestell des Sattels habe ich selber überholt. Dann musste als erstes eine Liste erstellt werden um alle Verschleißteile dort aufzuführen, dann konnte mit der Suche nach Teilen begonnen werden. In der Zwischenzeit wurden alle Rahmenteile gesandstrahlt um anschließend beim Lackierer lackiert zu werden. Beide Farbtöne (hell -/ dunkelgrün) habe ich vorher anhand restlicher Farbflächen am Rahmen bzw. Anbauteilen mit einer Farbskala festgelegt, somit konnte der Lack aufgetragen werden, bis auf den Tank, der kam später dran, weil dem noch eine spezielle Innenbeschichtung verabreicht werden sollte. Zudem wurden alle Chromteile zum Galvanisieren gebracht, außer die Speichen der Felgen, fallen halt unter Verschleißteile, mussten also neu. Als Verschleißteile wurden Reifen mit Felgenbändern, Speichen, Schläuche für die Räder besorgt. Bei der Bremsanlage wurden lediglich die Bremsbacken erneuert. Für Motor/ Getriebe einen Dichtungssatz und das Antriebsritzel mit Kette, zudem wurde die Kette zum antreten erneuert, Zündkontakte, Zündkondensator und Zündkerze (die Dicke) sind ja selbstverständlich.  Pedale, Rücklicht, Lampenreflektor mit Chromring vorne und ein blanko Typenschild, was später beim Uhrmacher graviert wurde, standen auf der Bestellliste. Andere Kleinigkeiten wie Material für Bowdenzüge und Kabelstrang waren vorhanden, incl. deren Befestigung. Bis zu diesem Zeitpunkt war allerdings einiges an Zeit verstrichen. Dann kamen die Teile vom Lackierer und vom Verchromen zurück, zuerst musste der Kabelbaum angefertigt werden um anschließend die anderen Anbauteile zu montieren, was auch kein Problem darstellte. Motor – Getriebeeinheit wurden überholt ebenso der Vergaser und die Zündanlage mit Einstellung der Zündkontakte und Zündzeitpunkt. Es fehlte lediglich noch der Tank, der sollte ja innen noch Versiegelt werden, damit das Benzingemisch immer sauber in den Überholten Vergaser läuft, wegen dem „Spion“. Der Tank wurde mit einem Rostumwandler, ca.1,5ltr., und zusätzlich mit Schrauben und Muttern gefüllt, um anschließend in einer Wolldecke fest verzurrt in einer Betonmischmaschine ca. einen Tag zu rotieren. Der Tank verharrte dann zum trocknen, nach vorherigen spülen mit Wasser, sechs Wochen im Heizungskeller, um dann mit Zweikomponenten – Innenversiegelung versehen zu werden. Diese muss dann allerdings auch noch eine gewisse Zeit aushärten bevor er dann zum Lackierer wanderte, der Ihm eine Zweifarbenlackierung mit zusätzlichen Streifen verabreichte. Bevor er montiert wurde mussten lediglich noch die zwei Chromembleme und Schriftzüge links und rechts angebracht werden. Jetzt kam der Moment der ersten „Inbetriebnahme“, nach befüllen des Tankes mit Benzin-Ölgemisch und „tippen“ am Vergaser Stöpsel bis Kraftstoff am Überlauf austritt kommt der spannende Augenblick. Beim dritten antreten schon die ersten Laute vom Motor, beim fünften Mal läuft der Motor fast rund. Den Vergaser leicht gedreht um den Pegel des Kraftstoffes eingestellt, und das Motörchen knattert wie am Schnürchen. Dann noch ein paar Runden auf dem Hof drehen um noch einige Einstellarbeiten vorzunehmen – jetzt kann er zum TÜV. Am 18.07.2000 war es dann soweit, ab auf den Anhänger und nach Lingen zum TÜV für eine Komplettabnahme. Das Interesse der Prüfer war groß, als das „Schätzchen“ vom Anhänger rollte, aber fahren wollte keiner für eine Probefahrt über den Hof, musste ich selber machen.  Die Abnahme war somit kein Problem, um dann am anderen Tag die Wanderer beim Straßenverkehrsamt zuzulassen. Der zuständige Beamte bei der Zulassungsbehörde schaute sich den alten Kraftfahrzeugbrief an, das war ja mein früherer Chef der diese zugelassen hat, waren seine Worte und das Gespräch hat dann min. ½ Stunde gedauert, obwohl der Warteraum voll besetzt war. Wir haben dann gemeinsam noch die passende Nummer fürs Kennzeichen ausgesucht und die Entwertung (Einzug) des alten Briefes wurde mit einlegen eines Zettels umgangen, somit ist der alte Kraftfahrzeugbrief jetzt noch vollständig vorhanden. Jetzt ist das sechste Kennzeichen mit der Nummer „EL – O 36“ montiert, als zweiter Besitzer, und die Wanderer hat jetzt seit der Restauration ca. 12.000 Km gelaufen, einmal auf einer Dreitagestour sogar 500 Km ohne Probleme, wenn genügend „Sitzfleisch“ vorhanden ist.

  • Folgende Kennzeichen hatte bis zur Abmeldung 1965 das Motorrad
    • IS-58085
    • OSN – 11439
    • H/H – 56 – 0001
    • B/N – 56.-1
    • LIN – A 10